Einführung

Für viele Menschen endet die Realität an der Wasseroberfläche. Sehr wenig, was sich darunter befindet, dringt zu uns durch, obwohl es enormen Einfluss auf unser aller Leben haben kann.

Spiegelnde Wasseroberfläche

Problematik:

Das Meer ist so gross und so tief, dass wir buchstäblich nicht überblicken können, was darin geschieht. Unsere Realität endet an der Wasseroberfläche. Die Spiegelung des Lichts an der Oberfläche verstärkt den Effekt.

Wale und Delfine durchbrechen die visuelle Barriere, die uns vom immensen Lebensraum unter Wasser trennt. Ausserdem ziehen sie als Sympathieträger die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. Vielleicht können sie eine Brücke bilden, um uns deutlich zu machen, dass dieser Bereich ebenso einer respektvollen Behandlung bedarf wie die Atmosphäre oder terrestrische Ökosysteme.

Pottwale sind vor La Gomera längst nicht häufig

Wenn Sie nun hier eine kurze Beschreibungen der Bedrohungen für Cetaceen finden, sollten diese besser verstanden werden als Bedrohungen für den Lebensraum, aus dem wir ein Drittel unseres Sauerstoffs beziehen, aus dem wir 18% des menschlichen Proteinbedarfs decken, der unserer Atmosphäre ein wirksamer Puffer und uns ein wertvolles Wasserreservoir ist, und mit dem unser Leben auch sonst untrennbar verwoben ist.

Datenlage bei den Kanaren:

gestrandeter Zwergwal in Valle Gran Rey 2018

Jährlich stranden auf den Kanaren etwa 42 Wale und Delfine. Die Zusammenarbeit von Umweltbehörden und NGOs führte in den 90ern zur Einrichtung des Kanarischen Wal-Strandungs-Netzes. Dank der systematisch aufgenommenen Daten und der immer systematischer ausgeführten Analysen, wissen wir heute einiges über die Todesursachen der hiesigen Walarten. Natürlich werden nicht alle verstorbenen Tiere an die Küsten gespült und einige sind in sehr schlechtem Zustand, so dass die Zahlen mit Vorsicht genossen werden sollten.

Bei einer Zusammenfassung aller mir zugänglichen Arbeiten im Jahr 2005 kam ich zu dem Ergebnis, dass Kollisionen, Fischerei und Militärische Manöver die grössten Probleme für Cetaceen darstellten.

Todesursachen (Eva Sierra ULPGC)

In einer Zusammenfassung aller Daten der Jahre 2000 bis Ende 2013 (für den Kurs der Walbeobachtungs-Guides, Thema 20) stellt Eva Sierra von der ULPGC (2014) die Ursachen für Todesfälle von 350 analysierten, gestrandeten Tiere wie folgt auf: 43% Einwirkung von Parasiten und Entzündungen, 8% zwischenartliche oder innerartliche Auseinandersetzung, Fischerei 7%, Kollisionen 7%, Militärmanöver mit Sonareinsatz 4%,Umweltgifte 4%.

Natürlich ist es sehr schwierig bis unmöglich abzuschätzen, ob die mit Viren oder Parasiten belasteten Tiere nicht vielleicht schon durch Belastung mit Schwermetallen oder anderen Umweltgiften vorbelastet oder geschwächt waren und entsprechend den vom Menschen ins Meer geleiteten Substanzen eine höhere Bedeutung zukommt. (Lesen Sie in dem Zusammenhang hier über die Belastung der Fleckendelfine.)

Generelle Bedrohungen

Netzreste im Wasser

Müll auf dem Wasser oder in Mägen der grossen Räuber ist ein Problem, das noch auf den ersten Blick erkennbar ist. Verschmutzung durch Abwasser an der Küste in gewissem Masse auch. Und wenn keine Fische mehr aus den Meeren geholt werden können, wissen wir ebenfalls, dass etwas schief läuft. Dafür brauchen wir nur die Augen aufzumachen und die Presse zu lesen.

Aber wir sehen nicht, wie die Verschmutzung mit langlebigen Giftstoffen aus Industrie und intensiver Landwirtschaft langsam die Meere vergiftet und was für Auswirkungen das hat. Wir hören auch den Lärm unter Wasser nicht und merken nicht, wenn die Fähre, auf der wir fahren, gerade einen Pottwal zerteilt hat. Schon gar nicht, wenn wir die Informationen nicht bekommen.

Was tun wir?

Viele Meeres-Museen oder Informationszentren beschränken sich auf die Darstellung des Lebensraumes, und in Delfinarien wird nur Wert auf die Schau gelegt. Selbst von offiziellen Stellen, vor allem in vom Tourismus abhängigen Gebieten wie den Kanaren, darf man nicht mit einer ausführliche Berichterstattung rechnen.

Abwassereinleitung in Santa Cruz, Teneriffa

Natürlich sollte man sich von den vom Menschen gemachten Veränderungen nicht in Panik versetzen lassen, sondern sie mit Neugier betrachten. So können wir mit Vernunft an die Problematik herangehen und sinnvolle Veränderungen einleiten.

Darum möchte ich Sie darin bestärken,

– dass Sie ihre Möglichkeiten nutzen und die besonderen Eindrücke bei Begegnungen in der Natur kombinieren mit Informationen, wie wir sie schützen können;

– dass Sie Ihre Stimme als Souverain in der Politik einsetzen und unsere Staatsdiener dazu bringen, entsprechend vorsichtige, an wissenschaftliche Erkenntnisse angepasste, bewahrende Regelungen aufzustellen

3 Arten von Meeressäugern, zusammen etwa 100 Pottwale, Pilotwale, Tümmler im Mai 2018 vor La Gomera

– dass Sie freizügige wirtschaftliche Entwicklung mit grosser Vorsicht betrachten;

– dass Sie wach bleiben und sich in der realen Welt engagieren.

Sonst verpassen wir eine gute Gelegenheit, mit Vernunft die weitere Entwicklung der Menschheit einzuleiten.