Anpassungen an das Leben im Wasser

Vor etwa 50 Millionen Jahren lebten die Vorfahren der Cetaceen an Land. Der Übergang zu einem Leben im Wasser hat zahlreiche Anpassungen nötig gemacht.

Anpassungen des Körpers

Kälber von Pilotwalen werden bis zu 4 Jahren gesäugt

Analysen von Fossilien zeigen, dass die Wale von landlebenden Säugetieren abstammen. Im mittleren Eozän, vor 50 Millionen Jahren, begannen sich die Vorfahren der Wale an das Leben im Wasser zu gewöhnen. In dieser Zeit haben sie eine Reihe von Veränderungen durchgemacht:

– Die Vorderbeine wurden zu Brustflossen, die hinteren Gliedmassen sind verschwunden, und als Motor nutzen sie eine knorpelige Schwanzflosse, die Fluke. Die Finne ist eine weitere stabilisierende, knorpelige Flosse auf dem Rücken.

– Wegen der grösseren Dichte und des grösseren Widerstandes des Wassers tauschten sie alle unnötigen Anhängsel, wie Ohrmuscheln und Haare gegen die hydrodynamische Form und glatte Haut.

Kopf eines Brydewales von oben

– Die Atemöffnung (Blasloch) haben sie in den Nacken verlagert, um die Atmung aus dem Wasser heraus zu erleichtern (einen Blas, der vor allem aus Atemluft mit kondensierendem Wasserdampf und etwas Wasser besteht, sieht man auf dem Foto).

– Sie schützten sich gegen den grösseren Wärmeverlust im Wasser mit einer dicken isolierenden Fettschicht, dem Blubber, und entwickelten immer enormere Körpergrössen, bei denen das Verhältnis zwischen Masse und Körperoberfläche, und damit der Wärmeverlust, immer niedriger wurden. Das Fett dient ihnen ausserdem als Energiereservoir.

– Da ihre Körper ständig vom Wasser gestützt werden und Wasser besser trägt als Luft, war die Ausbildung gigantischer Körper kein Problem.

Anpassungen der Sinne

– Der Tastsinn ist nicht nur an den Flossen von grosser Bedeutung, die ganze Haut enthält ein komplexes System aus Nervenbahnen. So sind sie z. B. in der Lage, den Druck des Wassers in der Zone des Blaslochs sehr genau zu messen, um zu erkennen, ob sie nah genug an der Wasseroberfläche sind und den richtigen Moment zum Starten des Luftablassens abschätzen zu können. Ständige Berührung mit Artgenossen macht deutlich, wie wichtig der Körperkontakt auch in sozialer Hinsicht ist.

Kopfansicht eines Jungtieres. Bei älteren Exemplaren sind die Melonen ausgeprägter.

– Die Augen sind gut an die Bedingungen unter Wasser angepasst und zumindest einige Arten sehen auch über Wasser sehr gut. Charakteristische Farbmuster in einigen Arten lassen vermuten, dass sie sich untereinander visuell erkennen können.

– Auf grossen Distanzen, in der Nacht oder in grossen Tiefen sowie bei trübem Wasser, sind die Möglichkeiten, sich über das Sehvermögen zu orientieren, sehr begrenzt und selbst bei besten Bedingungen reicht die Sicht nur etwa 30 Meter weit. Deshalb verständigen und orientieren sich die Cetaceen vor allem über das Gehör. Sie besitzen zwar keine Ohrmuschel und der Gehörgang ist mit einem Wachspfropfen verstopft, aber sie hören extrem gut. Die grossen Furchenwale scheinen sich auf Distanzen von mehreren hundert Kilometern verständigen zu können und produzieren dafür die wahrscheinlich grössten Schallintensitäten im Tierreich.

Die Echoortung ist bei den Zahnwalen verbreitet

Vor allem bei den Zahnwalen hat man die Echolokalisierung oder “Sonar” beobachten können. Sie produzieren mit im Blasloch sitzenden Lippen Geräusche, Klicks oder Schnalzer, die über einen in der Melone sitzenden linsenförmigen Fettkörper nach vorne “abgestrahlt” werden und deren Echo Rückschlüsse über einen im Wasser befindlichen Körper zulassen. Das Echo wird zuerst im Unterkiefer aufgenommen und dann über Fettkörper bis zum Innenohr weitergeleitet. Dies steht über sehr starke Nervenleitbahnen mit dem Gehirn in Verbindung. Es gibt Hinweise darauf, dass Pottwale bei ruhigem Wasser, wenn kein Hintergrundgeräusch stört, einen Kalmar aus etwa 2 km Distanz orten, Delfine erkennen damit auch im Sand eingegrabene Beute.

Hier hören Sie die Aufnahme von einem Grossen Tümmler, der zeigt, wie laut er clicken kann.

Physiologische Anpassungen:

Schnabelwale sind Spezialisten der Tiefsee

Um in teilweise grossen Tiefen effektiv ihre Beute jagen zu können, benötigen die Cetaceen besondere Fähigkeiten hinsichtlich der Sauerstoffversorgung des Körpers:

– In ihren Lungen können sie mit einem Atemzug 8 – 12 % des Sauerstoffs der Luft nutzen, während wir nur 4 % erreichen. Das Lungenvolumen liegt z. B. beim Pilotwal etwa bei 10 % seiner Körpergrösse und er tauscht 80 – 90 % der Luft bei jedem Atemzug aus. So können Wale in kurzer Zeit ihr Sauerstoffdepot auffüllen.

– Dieses Depot befindet sich nicht in der Lunge. Tatsächlich kolabiert diese schon bei relativ geringen Tiefen (etwa 80 m). Sie vollziehen also den Gasaustausch schon nahe der Oberfläche und nicht in grosser Tiefe unter hohem Druckeinfluss. Dabei wird der Sauerstoff in den Muskeln gespeichert, die bis zu neunmal mehr Myoglobin enthalten, sowie im Blut, welches zweimal so viele Blutkörperchen aufnehmen kann als beim Menschen. So leiden Sie normalerweise nicht am Tiefenrausch und kriegen keine Probleme mit dem Druckausgleich.

– Sie können ihre Metabolismusrate generell runterregeln, die Blutversorgung konkreter Organe wie dem Darmtrakt unterbinden und die Verdauung auf später verschieben.