Fliegen und Mücken

Das Wort „Fliege“ ist nicht gerade positiv belegt. Wer kann sich vorstellen, welch grosse bunte Vielfalt hinter diesem Namen steckt?

Fliegen

Gewöhnliche Langbauchschwebfliege (Sphaerophoria scripta)

Per Definition gehören sie zusammen mit den Mücken zu den Zweiflüglern, bei denen das hintere Flügelpaar zu Schwingkölbchen reduziert ist und deren Antennen meist kurz sind. Fliegen sind in der Regel etwas massiger, besitzen leckend-saugende Rüssel und ihre Larvenstadien fressen sich an die Luft durch feste Nahrung. Sie sind oft recht gross und daher für den Laien gut zu beobachten. Auf den Kanaren gibts einige mächtige Arten.

Die grössten und deshalb auffälligsten Fliegen gehören in die Familie der Raubfliegen (Asilidae). Sie jagen vor allem pflanzenfressende Insekten und spielen deshalb eine wichtige Rolle bei der Kontrolle von Schädlingen. Die Art Promachus gomerae (mosca asesina, 4 cm) treibt auf La Gomera ihr “Unwesen”. Sie ist mit ihren weissen „Gamaschen“ von den Arten der anderen Inseln zu unterscheiden.

Promachus gomerae

Die “Mörderfliege” (Übersetzung aus dem Spanischen) ernährt sich von verschiedenen, teilweise sehr grossen und wehrhaften Insekten und Spinnen. Sie kann zB. Kreuzspinnen aus ihrem Netz holen. Bei der Fortpflanzung spielt sich bei dieser Art ein besonderes Ritual ab. Das Weibchen fängt einen ordentlichen Brocken, z. B. eine Biene, lähmt diese mit ihrem Gift und setzt sich an einer offenen Stelle erwartungsvoll in Position. Das kleinere Männchen macht nun vorsichtige Annäherungsversuche von hinten. Wenn’s funkt, kommt es zur Kopulation, wenn nicht, wird das Männchen zur Biene gepackt und das Weibchen wartet auf einen „Besseren“. Die Eier werden dann in die Beute gelegt und die Larven fressen diese nach und nach von innen auf.

Kanarische Streifenaugenfliege
Kanarische Streifenaugenfliege (Eristalinus taeniops canariensis)

Viele zu den Schwebfliegen (Syrphidae) gehörende Arten immitieren mit ihrer Färbung andere wehrhaftere Insekten. An ihren kurzen Antennen sollt Ihr sie erkennen. Bienen und Wespen besitzen längere, gerade ausgezogene Fühler, während Fliegen nur kurze, keulenförmige Auswüchse mit einem kleinen Antennenanhang besitzen. Die meisten ernähren sich von Pollen und Nektar und sind deshalb sehr wichtig für die Befruchtung vieler Pflanzen. Die Schwebfliege (Sphaerophoria scripta, Mosca cernidora, 10 – 12 mm, weiter oben im Bild) ist in nördlichen Breiten fast überall anzutreffen.

Totenkopfschwebfliege (Myathropa florea)

Die kräftige Totenkopfschwebfliege (Myatropa florea, mosca cernidora, 10 – 15 mm) ist weit verbreitet und erscheint vor allem auf Doldenblütern, macht viel Lärm und verhält sich sehr unruhig. Sie erinnert nicht zuletzt wegen ihres Gebrumms stark an eine Biene (hat aber auch die für Fliegen typischen kurzen Fühler). Ihre Larven ernähren sich von verfaulenden Substanzen in schlammigen Gewässern.

Auf den zentralen und westlichen Inseln können Sie gelegentlich die Streifenaugenfliege (Übersetzung span., Eristalodes taeniops canariensis, Mosca de ojos rayados, 10 – 12 mm) finden.

Unter den Echten Fliegen (Muscidae) sind der Wadenstecher (Stomoxys calcitrans, 6 – 7 mm) und die Stubenfliege (Musca domestica, mosca común, 5 – 8 mm) auf allen Inseln vertreten.

Schmeissfliegen (Calliphoridae)

Blaue Fleischfliege (Calliphora vicina)

Die besonders auffällige dicke Blaue Fleischfliege (Calliphora vicina, Mosca azul) ist natürlich in der Nähe von Kothaufen und Aas häufig anzutreffen. Dort legt sie ihre Eier ab, ihre Nahrung besteht grösstenteils aus Pollen und Nektar. Sie ist, je nach Licht, nicht immer so auffällig blau gefärbt, auch dunklere Tonalitäten bis schwarz können beobachtet werden. Neben dieser Art treten die dunkelgraue Calliphora vomitoria (mit einem orangefarbenen Bart) und die kupferfarben schillernde Calliphora splendens auf.

Chrysomya albiceps

Recht häufig können Sie auch die glänzend grüne Goldfliege (Lucilia sericata, Mosca verde) finden, deren Larven für Wundbehandlung mit Madentherapie eingesetzt werden, da sie sich gezielt von abgestorbenem Gewebe ernähren und zusätzlich das zellregenerierende Allantoin bilden und abgeben.

Sehr ähnlich schillernd grün begegnet ihnen ebenso häufig die auch wegen ihrer Bestäuberfunktion geschätzte und gezüchtete Schraubenwurmfliege (Chrysomya albiceps).

Igelfliege (Tachina canariensis)

Eine der einheimischen, nur auf den Kanaren auftretenden Arten, ist die zu den Raupenfliegen (Tachinidae) gehörende Igelfliege (Tachina canariensis, moscardón), die auf allen ausser den östlichen Inseln anzutreffen ist. Der Name der Familie bezieht sich auf eine besondere Form der Aufzucht der Nachkommen, bei der hauptsächlich Schmetterlinge, aber auch andere Insekten als Wirt für die Nachkommen dienen. Die Larven der Igelfliege fressen die Raupen des Kohlweisslings von innen auf und tragen damit zur Bekämpfung dieses Schädlings bei.

Wollschweber (Spogostylum trinotatum)

Bei den Woll- oder Hummelschwebern (Bombylidae) handelt es sich um eine Familie von kräftigen oft recht behaarten Fliegen, die schwebfliegenähnlich in der Luft stehen können. Charakteristischerweise strecken sie dabei die vorderen beiden Beinpaare nach vorne und das letzte Paar nach hinten und oben. Sie legen ihre Eier in die Nähe der Gelege von Bienen. Ihre Larven arbeiten sich bis in das Gelege vor und fressen es auf. Spongostylum tripunctatum wirft ihre 2000 – 3000 Eier aus der Luft in die Nähe der Nester der solitären Bienen.

Mücken (mosquitos)

Gelbfiebermücke

Im Allgemeinen sind Mücken zart gebaut, haben stechend-saugende Mundwerkzeuge und ihre Larven entwickeln sich in Süss- oder Brackwasser.

Auf den Kanaren muss man nicht so sehr unter Mücken leiden wie in tropischen Regionen. Vor allem auf den trockenen Südseiten und den östlichen Inseln haben es die Armen schwer: durch das Fehlen von oberflächlich fliessenden Wasserläufen wird die Aufzucht der wasserlebenden Larven schwierig. In der Nähe von offenen Wasserspeichern und in den feuchteren Teilen der Inseln kann das aber lokal anders aussehen.

Aus der Familie der Stechmücken (Culicidae), welche die meisten bekannten Vertreter beinhaltet und für das Auftreten vieler Krankheiten verantwortlich ist, kommt zum Beispiel die Gemeine Stechmücke (Culex pipiens, 4 – 7 mm) auf allen Inseln vor. In Ansiedlungen mit nährstoffreichem Gewässer fühlt sich diese Art besonders wohl.

Mosquito (Culiseta longiareolata) Foto: Leopoldo Moro

Die häufigste Mückenart ist die deutlich grössere Culiseta longiareolata (10 mm). Sie ist nah mit der nordeuropäischen C. annulata verwandt, welche in Deutschland als Ringelmücke bekannt ist. Nach der Eiablage dauert es gut 2 Wochen, bis die jungen Mücken sich aus den Larven entwickelt haben. Nach den ersten Regenfällen kann man sich recht gut darauf verlassen.

Auf den Kanaren sind fünf der sieben vorhandenen Arten endemisch.

Bis zu den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts fand man hier auch die Gelbfiebermücke (Aedes aegyptii), sie soll aber seitdem ausgerottet worden sein und kommt nur in Einzelfällen vor, wie im Winter 2017/18 auf Fuerteventura. Neben Gelbfieber können diese Mücken auch Dengue-Fieber und Zika-Fieber übertragen, da diese Krankheiten hier aber nicht vorkommen, können die Mücken sie aber auch nicht übertragen.

Schnaken (Tipulidae)

Schnake (Tipulidae)

Bei uns zuhause wurden sie Schneider genannt, Langbeinmücken passt vielleicht am Besten, Habergauckler ist sicher der schönste Name. Auch wenn sie in die Verwandschaft der Mücken gehören, sie stechen nicht. Ihre Mundwerkzeuge können die menschliche Haut nicht durchdringen.

Sie ernähren sich von offenen „Säften“ wie Nektar oder Wasser. Ihre Eier legen sie in feuchten Untergrund oder morsches Holz, die Larven ernähren sich von frischem oder totem pflanzlichen Material.

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