Klima und Wetter

Ewiger Frühling? Wer möchte nicht gerne das Wetter auf den Kanaren einzuschätzen wissen? Die wichtigsten Faktoren lernen Sie auf dieser Seite kennen.

Wettervorhersagen:

Ein bisschen kriege ich schon mal die Krise, wenn mir jemand das Ergebnis seiner internationalen Wetterapp zeigt. Natürlich noch mehr, wenn die dann auch noch richtig liegt. Ich verlasse mich gerne auf meine Erfahrung hier, 2 Semester Klimakunde und die hiesigen Wetterberichte.

Kanarische Wetterlage Tiefdruckausläufer 28.02.2018. Mit Wind, Niederschlägen und Wolkendichte.

Wenn ich wissen will, wie das Wetter wird, konsultiere ich die spanische Seite des Wetteramtes und schaue unter den „modelos númericos„.

Ich gehe auf „Canarias“ und kann die Regenmengen, Wind oder Bewölkung mit relativ hoher Verlässlichkeit abrufen. Dort finde ich mit wenigen Stunden Spielraum zum Beispiel das Herannahen eines Regengebietes. Will ich das jedoch etwas mehr im generellen Rahmen sehen oder in grösseren Höhen, schalte ich weiter zu der Vignette CEPPM.

Tiefdruckgebiet mit Ausläufern über den Kanaren am 26.02.2018. Isobaren, Wind und Wolkenwirbel.

Die Vignette des CEPPM gibt verlässliche Ansagen über Höhenwetter, grossräumige Wetterlagen über eine knappe Woche. Weiter im Voraus ist die Trefferquote sowieso schon sehr gering. Das Bild kann ich dann noch bei einem Blick auf Windguru mit den dortigen Ansagen für die Wellenhöhen kombinieren, falls ich an den Strand will oder eine meeresbiologische Exkursion ansteht.

„Interessante“ Wellensituation 28.02.2018 in der Vorhersage der Hafenbehörde

Alternativ gibt die Seite der Hafenbehörde über die Lage auf dem Meer Auskunft. Wenn ich mir die Kanaren heranzoome und Wind oder Wellenvorhersage (Wind, Waves Atlantic) anklicke, gibt die Seite die Aussichten für die nächsten Tage an.

Da finde ich dann auch noch die Strömungen, den Wasserstand und Wassertemperatur mit recht hoher Genauigkeit. Zumindest bei meinen Bekannten wird diese Seite sehr wenig aufgerufen…..

Wer des Spanischen mächtig ist, kann sich auf der Facebookseite von Meteo La Gomera mit detaillierten Informationen versorgen. Diese Seite ist auf lokale Aspekte La Gomeras spezialisiert, ist also für herannahende Extremsituationen besonders zu empfehlen.

 

Klima. Ewiger Frühling?

Temperatur am 29.05.20 um 08.00

Der Kanarenstrom führt relativ konstant recht kühle Wassermassen aus Nordosten an die Inseln heran. Die Meerestemperaturen liegen im Jahresdurchschnitt bei 18° – 22° C.

Da das Meer um die Kanarischen Inseln sehr tief ist, bildet es einen sehr grossen Wärme- bzw. Kältespeicher und dämpft allgemein die Schwankungen der Temperatur. So ist es im Sommer für diese Breite (wir befinden uns auf dem Breitengrad, der die Zentralsahara mit der Karibik verbindet!!) verhältnismässig kühl und im Winter angenehm mild.

Temperatur am 29.05.20 um 14.00

Das gilt vor allem für die Küstenbereiche und wird allgemein als ewig frühlingshaftes Klima verkauft. Je höher man kommt, desto kühler kann es werden, im Sommer werden aber die höchsten Temperaturen in den mittleren bis hohen Lagen gemessen. Wie gesagt: an der Küste dämpft das Wasser die Schwankungen. Die größten Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht gibt es dementsprechend im Hochgebirge: tagsüber reicht oft ein T-Shirt aus und nachts kann das Thermometer unter den Gefrierpunkt sinken.

Herrlich: Vergleichen Sie bloss mal die Temperaturentwicklung auf dem nahen afrikanischen Kontinent, dann fällt sofort auf, wie hier irgend jemand auf das mit dem ewigen Frühling gekommen ist.

Wettersituationen

Passat

Passatwolke von oben auf dem Höhenzug von La Mérica, im Westen von La Gomera

Während des Frühjahrs und der Sommermonate bilden sich über den Azoren stabile Hochdruckgebiete und der Passatwind bläst an 90 % aller Tage. Die herangeführten, meist feuchten Luftmassen steigen an den Gebirgszügen der Inseln in kältere Luftschichten auf, und das in ihnen enthaltene Wasser kondensiert. So bilden sich im Norden und Osten oft Wolken und teilweise fällt Nieselregen, während es vor allem im Südwesten sonnig ist.

Schwacher Passat. Inversion bei 800 m.

Je nach der genauen Windrichtung gibt es beim Passat aber grosse Unterschiede. Wenn das ‘Azorenhoch’ recht klein ist und sich bereits vor dem europäischen Festland abschwächt, kommt der Wind aus nördlichen Richtungen und bringt viel Feuchtigkeit mit. Dehnt sich die Hochdruckzone dagegen bis über Nordafrika aus, kommt die uns zugeführte Luftmasse mit aus Afrika und ist wesentlich trockener.

Passatwolke auf mehr als 2000 m über dem Meer im Winter

Ganz wichtig ist, dass die Luftmassenschicht, in der der Passat für Wolkenbildung sorgt, auf die unterste atmosphärische Lage beschränkt ist. Weiter oben ist die Luft wieder wärmer und trockener, eventuell dorthin aufsteigende feuchte Luft wird getrocknet, Wolken lösen sich wieder auf. Das ist der Grund, dass diese Passatwolken immer nur bis in eine bestimmte Höhe reichen und nach oben scharf abgegrenzt sind. Auf dem Foto vom Garajonay nach Norden liegt sie sogar unter 800 m.

Nebelwald Raso de la Bruma mit Passatwolke

Die Lage der Passatwolke ist von der Feuchtigkeit der heranrückenden Luftmasse, der Temperatur, der Jahreszeit und den Luftbewegungen in höheren Schichten abhängig. Generell liegt die Obergrenze an der sogenannten Inversionsschicht (Umkehrschicht). Dort wird es mit zunehmender Höhe nicht kälter, sondern wärmer.

Dem liegt ein Luftzirkulationsschema zugrunde, das sich aus der Darstellung der NASA unten sehr gut ableiten lässt: Über dem Äquator wird die Luft am stärksten aufgeheizt und steigt auf. Dabei kommt sie in kältere Lagen und nach dem Prinzip des Steigungsregens regnet der grösste Teil des hier vorhandenen Wassers ab. Die oben ankommende, relativ warme und trockene Luft, gleitet zu den Polen hin ab. Auf der Höhe des 30 Breitengrades, in den trockenen Subtropen, senkt sie sich wieder auf Bodenniveau und fliesst als Passatwind wieder dem Äquator zu. Dabei wird sie durch die Coriolisbeschleunigung etwas nach Westen abgelenkt.

NASA: Wikipedia-Passatwind

Daraus entsteht auf der Nordhalbkugel der Nordostpassat. Durch die jahreszeitliche Verschiebung der Äquatorzone im Zusammenhang mit der Neigung der Erdachse kommen wir in unterschiedlichem Masse in den Genuss dieses Windes.

Im Sommer liegen wir mitten in der Passatzone und die Höhe der Inversion liegt zwischen 800 und 1000 m. Im Winter gibt es häufiger Westwindeinfluss bei durchziehenden Tiefdruckgebieten und die Inversion im Hoch liegt bei 1500 – 2000 m. Für La Gomera bedeutet dies, dass im Winter die Insel auch bei Hochdruck oft komplett von der Wolke überzogen wird und der Passat bis in südliche Lagen Nieselregen bringt, während im Sommer die Gipfellagen über der Inversionsschicht liegen und aus der Wolke herausschauen.

Calima über Vallehermoso

Calima

Dehnt sich das Hochdruckgebiet bis nach Afrika aus, kommt die Luft aus der warmen und staubigen Sahara, es herrscht ‘Calima’. Ausserdem werden die Wolkenhäufigkeit und die Niederschlagsmenge vom Wind beeinflusst: Je kräftiger das Hochdruckgebiet ausfällt, desto stärker ist der Wind und desto mehr Niederschlag kann man beobachten. An 5 % aller Tage tritt laut Statistik des Wetteramtes dieser oft staubbeladene Wind auf.

Calima in Santa Cruz auf Teneriffa (EDIIMA20200223_0402_20)

Besonders extreme Wetterlagen entstehen unter Mithilfe von Tiefdruckgebieten, die stärkere Winde wehen lassen. Am 23.02.2020 gab es bis zu 1000 Mikrogramm Feinstaubpartikel pro Qubikmeter Luft in der westlichen Provinz, in Gran Canaria reichte es bis fast 2000 Mikrogramm. Bereits ab Werten von 50 Mikrogramm pro Qubikmeter rät die Weltgesundheitsorganisation normalerweise von Aufenthalten im Freien ab. In dieser Situation haben wir uns hier auf La Gomera mit nur 572 Mikrogramm recht gut gehalten, wenn ich aus dem Fenster gesehen habe waren aber keine Berge mehr da…..

bei niedrigem Luftdruck türmen sich die Wolken bis über 4000 m hoch auf

Tiefdruck

In den Monaten von November bis März verschiebt sich der Passatwindgürtel nach Süden und die Kanaren können von den atlantischen Tiefausläufern oder sogar einem durchziehenden Tiefdruckgebiet beeinflusst werden. Dann kommt der Wind aus westlichen bis variablen Richtungen und es kann ordentliche Regengüsse geben. Im Dezember 2002 zogen nacheinander zwei Tiefdruckgebiete über Teneriffa hinweg und haben in einigen Zonen ausser starken Windschäden auch etwa soviel Niederschlag hinterlassen, wie sonst in 2 Jahren fällt. In einer Extremwetterlage fielen in Santa Cruz auf Teneriffa im März 2003 280 mm pro Quadratmeter in 2 Stunden. Das sind 28 cm

Regenerosion

Wasser! Stellen Sie sich mal vor, was solche Wassermassen in einer Schlucht anrichten können!

Auch auf La Gomera kommt es immer wieder zu starken Regenfällen, wie im Bild von 2013 in Valle Gran Rey, als die Container der Baustelle des Barranco-Bettes ins Meer gespült wurden und im Hintergrund gerade eine Stein-Lawine von La Mérica herunterkommt.

Abschliessende Bemerkung

Denken Sie daran, dass die Wetterlagen nie gleich aussehen. Es reicht eine Verlagerung der allgemeinen Windrichtung um ein paar Grad nach Nord und die Luftmassen schieben sich weit länger über dem verdunstenden Meerwasser umher und kommen entsprechend feuchter hier an. Sind die Luftdruckunterschiede nicht so deutlich und das übergeordnete Windsystem schwach, setzen die Land-Seewindsysteme ein, die den lokalen Wind plötzlich aus entgegengesetzter Richtung blasen lassen.

Schaum an der Playa del Inglés in Valle Gran Rey

Generell ist die Windrichtung an einem bestimmten Punkt oft nicht mit dem übergeordneten Windsystem in Zusammenhang zu bringen, da sich hinter den Inseln und in den Tälern natürlich Verwirbelungen bilden. Das beobachten wir häufig auf den Walbeobachtungstouren, wenn im Windschatten der Insel ein Wind aus entgegengesetzter Richtung auf einmal eine unangenehme kleine Welle aus dem Süden aufbaut …

Sie sollten sich also nicht dazu verleiten lassen, dem Wetterbericht uneingeschränkt Vertrauen zu schenken. Ob Ihre App das zeigt oder nicht, wenn es regnet oder stark windig ist, sollte man nicht in steile Berghänge aufsteigen oder unter Klippen spazieren gehen!

Zonierung

Nebelnässen im Lorbeerwald

Die Einteilung in Wetterzonen und dem folgend in Vegetationszonen, hängt hauptsächlich von der Regenmenge ab. Wenn der Passatwind bläst, bilden sich in Höhen zwischen 600 und 1400 m (Sommer) bzw. zwischen 800 und 2000 m (Winter) die Passatwolken und bringen im Norden und Osten Niederschlag, häufig in Form von sogenanntem ‘horizontalem Regen’. Das sind die feinen Wolkentröpfchen, die sich an allen im Weg stehenden Strukturen absetzen, vor allem natürlich an den Blättern in den dichten Lorbeer- oder Kiefernwäldern. Die Menge des durch den horizontalen Regen verursachten Wassereintrages wird immer noch weiter untersucht und soll den normalen Niederschlag um das 2 – 10fache übersteigen. Alle anderen Zonen können gleichzeitig vollkommen trocken sein, auch die Küstenregionen des Nordens, in denen vielfach sogar die Sonne scheint.

Schönwetterzone Hochgebirge

Über der angegebenen Höhe von 1400 – 2000 m dominiert, überraschenderweise für uns, wieder sonniges Wetter. Der sogenannte Antipassat bringt warme und trockene Luftmassen vom Äquator zu den Wendekreisen. Diese leichtere Warmluft schichtet sich stabil über die kühle und feuchte und damit schwerere Passatluftmasse. Im Bereich der Grenzschicht wird die Luft also mit zunehmender Höhe wieder wärmer. Nähert sich ein Tiefdruckgebiet, wird diese sogenannte stabile Schichtung (ähnlich der bei Smogwetterlagen in Ballungsgebieten) durch starke vertikale Luftströmungen aufgelöst.

Man unterscheidet im allgemeinen auf den Kanaren die folgenden Niederschlags- bzw. Vegetationszonen:

(zum Vergleich: die durchschnittlichen Niederschlagsmengen in Deutschland liegen bei 740 mm, in Köln bei 600 mm)

– Küstenregionen der Südseiten und der flacheren Inseln 100 – 150 mm

Regionen im vom Seewind mittels Salzeintrag beeinflussten Bereich, Wolfsmilchzone und thermophiler Buschwald (bis 600 m im Norden und bis 1300 m im Süden) mit etwa 350 mm Niederschlag.

– In der Wolkenzone (hauptsächlich Nordseite): Lorbeer- (600 – 1000 m) und Kiefernwälder (1000 – 2000 m) mit 600 bis 1000 mm Niederschlag.

– Über der Wolkenzone: Hochgebirgsregion (2000 – 3700 m) mit 350 – 200 mm.

Küstenvegetation im Einflussbereich von Salz und Sonne

Dabei beziehen sich die Niederschlagswerte auf normalen Regen ohne den horizontalen Niederschlag. Der Kiefernwald löst den Lorbeerwald mit zunehmender Höhe ab, da hier gelegentlich, vor allem nachts, auch Frost herrschen und im Winter Schnee fallen kann. Im Süden fällt allgemein etwa halb soviel Niederschlag und die Verdunstung ist deutlich höher. Die relative Luftfeuchtigkeit liegt oberhalb der Passatwolken oft bei 20 %.

Für La Gomera ist eine leicht veränderte Gliederung sinnvoller. So werden auf der Webseite der Nationalparkbehörde drei Stufen unterschieden:

– Eine sehr trockene Küstenregion bis in eine Höhe von 200 – 300 m im Norden und 500 – 600 m im Süden mit Wolfsmilcharten und Plocama.

– Eine etwas feuchtere Region mit deutlichem, jahreszeitlich unterscheidbarem Charakter in mittleren Lagen bis in Höhen von 500 – 600 m im Norden und 800 – 1000 m im Süden mit Wacholder, Zistrosen und Ginster.

– Darüber die Bergwaldregion mit Lorbeerwald und Baumheiden- sowie Gagelbaum- Gesellschaft. Die Ausdehnung dieser Bergwälder erreicht etwa 5000 Hektar und stellt somit etwa ein Drittel der Bergwälder der Kanaren.