12.11.18 Kraken zur Vorspeise?

Seit 20 Jahren versuchen verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen Kraken zu züchten. Auch das Ozeanografische Institut Spaniens (IEO) mit seinen Niederlassungen in Tenerife und Vigo widmet sich diesem enorm komplexen Thema.

achtfüssiger Geselle – Octopus vulgaris – Gemeiner Krake

Am vergangenen Donnerstag vermeldete nun das IEO den Durchbruch bei der Krakenzucht! Sogar einen „bevorzugten“ Partner bei der Arbeit mit neu auszuschreibenden Patenten habe man mit der Firma „Nueva Pescanova“ gefunden (leider fand ich keine Kommentare über die Tatsache, dass das IEO so lange mit öffentlichen Mitteln geforscht hat, und jetzt ein Patent an eine private Firma vergibt).

Abgesehen davon, dass Kraken – natürlich je nach Zubereitung – sehr gut schmecken, haben sie einige Vorzüge, die sie generell als zukünftige Nahrungsgrundlage für den Menschen empfehlen, ja sogar in eine Pole Position für wirtschaftlich denkende Menschen bringen:

Langarmiger Krake

1) Sie wachsen sehr schnell. Kraken erreichen ihre Fortpflanzungsphase bereits nach 9 Monaten und sterben in aller Regel nach einem Jahr. Schnelles Wachstum ist insofern von Vorteil, dass sich weniger Schadstoffe im Organismus anreichern und auch Parasiten weniger Chancen haben, sich einzunisten. Nicht wie Tümmler

2) Kraken fressen wirklich beinahe alles, von Krebsen über Muscheln und Schnecken zu Fischen, auch gerne in Form von Resten … Noch im Oktober haben wir bei einer Tümpelsafari einen Kraken an einer toten Muräne fressen sehen.

mit allen 8 Füssen auf dem Boden

3) Im Gegensatz zu den meisten anderen Organismen, setzen Kraken viel mehr von ihrer Nahrung in eigenes Körpergewicht um. Generell geht man davon aus, dass innerhalb der Nahrungskette von einer Stufe zur nächsten 90 % der aufgenommenen Beute in Form von Bewegungsenergie und anderen „verloren geht“. Ein Schwarm mit 100 Kilo Makrelen reicht also gerade mal für das Heranwachsen von einem Bonito mit 10 Kilogramm, bildlich gesprochen. Der Krake setzt dagegen bis zu 67 % seiner Beute in eigene Körpermasse um. Jeder Züchter von Goldbrassen, die durch Zugabe von Soja und anderen Beimischungen in ihrem Futter in den hiesigen Anlagen auf eine Umsatzrate von 33 % „gepuscht“ werden, freut sich bei solchen Bedingungen.

4) Wie gesagt, man kann sie lecker zubereiten. Es gibt also einen Absatzmarkt.

5) Die weltweiten Fänge haben nach Anlandungen von bis zu 100.000 Tonnen in den 70ern stark nachgelassen und sich seit 2010 bei etwa 40.000 eingependelt. Es besteht Nachfrage.

Krake im Detail

Leider bewegte sich die Ausbeute zur Zeit in nicht nutzbaren Massstäben. Bisher sammelt man grosse, bereits befruchtete Weibchen und wartet auf deren Eiablage. Die Eier werden meist im September auf dem Boden befestigt und „bebrütet“. In der 25 – 65 Tage dauernden Brutphase nimmt das Weibchen meist keine Nahrung mehr auf und stirbt danach an Erschöpfung. Die Larven bewegen sich 40 Tage frei im Wasser und ernähren sich zuerst von winzigem Zooplankton (Rotiferen), dann von grösserem Zooplankton (Copepoden), um mit einer Grösse von 12 mm auf den Boden herabzusinken und per Definition zum Jungtier befördert zu werden. Die Larvenphase war bisher besonders problematisch, da von etwa 200.000 Eiern nur wenige Larven überleben und am Ende aus einem Gelege nur statistisch 0,1 Kraken (Tendenz steigend ;-)) erwachsen sind.

nicht mit dem Tintenfisch verwechseln!

So ist die Meldung vom Donnerstag schon eine kleine Sensation, die nach der Meinung von Gomera Vive einen Tusch verdient.

Beim IEO Tenerife angefragt, hab ich erfahren, dass weiterhin ein langer Weg bis zur kompletten Aufzucht von Kraken zu gehen ist. Allerdings ist wohl unter Laborbedingungen die Überlebensrate der Larven deutlich besser geworden. „Gefeiert wird später“, hiess es.

Wir dürfen aber guter Dinge sein, was die zukünftigen Rationen von „Pulpo a la Gallega“ angeht.