10.06.20 Seeigelschwund

Weisszone mit Diademseeigeln

Über viele Jahre hat sich auf den Kanaren ein verarmtes Ökosystem etabliert, welches zum Teil der fischereilichen Tätigkeit zuzuschreiben ist, die Weisszone (span. „Blanquizal“). Dort haben abgestorbene sehr kalkhaltige Rotalgen „den Ton angegeben“, bzw. den Charakter ausgemacht. Blanke Felsen sind zurückgeblieben, nachdem der Diademseeigel in übermässigem Eifer alles kahlgefressen hat.

Algenwiesen auf 4 m Tiefe, wo noch vor kurzer Zeit nur Seeigel waren

In den letzten Tagen habe ich sowohl in Playa, als auch in Puntilla, bis in 5 Meter Tiefe keine Diademseeigel mehr gefunden. Nicht einen. Das will wohl beobachtet werden. Wer also in den nächsten Wochen irgendwo auf die grossen, langstacheligen Kerle trifft, darf sich vielleicht glücklich schätzen. Momentan macht sich diese Besonderheit dadurch für alle Strandbesucher durch die grosse Menge an Algen bemerkbar, die an der Küste herumliegen. Gestern konnte ich in Playa schon einen der Strassenfeger dabei beobachten, wie er versuchte, der Algenmenge Herr zu werden. Seeigel fressen Algen. Wenn sie aus dem ökologischen Gefüge entfernt werden, wachsen mehr Algen ….

Diademseeigel (Diadema antillarum)

Das sieht jetzt so aus, dass weite Bereiche, die über Jahrzehnte regelrecht kahlgeschoren waren, jetzt regelrechte Algenwiesen vorweisen können. Wenn die Wellen, vor allem bei den Springtiden, etwas grösser werden und die Algen vom Boden abreissen, landen sie am Ende am Strand. Da kann man sich jetzt drüber freuen, wie die Papageifische und Gelbstriemen, die in den Algenwiesen Versteck und Nahrung finden, oder ärgern, wenn man am Strand vor lauter Algen das Wasser nicht sieht. Letztendlich ist es ein interessanter Prozess, der hier eingesetzt hat. Schon 2018 gab es ähnliche Beobachtungen in Lanzarote.

Vielarmiger Seestern (Coscinasterias tenuispina)

Mehr oder weniger gleichzeitig sind auch die vielarmigen Seesterne verschwunden. Im Januar haben wir bei den Tümpelexkursionen einige tote Tiere gefunden, dann wurden sie immer seltener. In dieser Woche habe ich, trotz intensiver Suche an verschiedenen Küstenabschnitten, keine mehr gesehen. Der Servicio de Biodiversidad der Kanarischen Regierung geht inoffiziell von unregelmässig auftretenden Schwankungen aus.

Wenn jemand beim Schnorcheln in Playa oder Puntilla auf die grossen Diademsseigel treffen sollte, oder in den Gezeitentümpeln einen vielarmigen Seestern findet, würden wir uns sehr freuen, wenn er sich über das Kontaktformular bei uns melden könnte.

Der Algenwiesenlippfisch baut ein Nest, 4 m Tiefe vor der Promenade in Playa

Vielleicht ist es wirklich nur eine der üblichen Schwankungen, vielleicht hat sich aber auch irgendein Faktor verändert, den wir bisher noch gar nicht erkennen können. Gomera lebt – Gomera Vive!

Nachtrag vom 11.06.20: Im Hafenbecken sind noch Diademseeigel, wenn auch vergleichsweise wenige.