28.10.21 Erdölbohrungen südlich der Kanaren

Grenze zwischen Marokko und der West-Sahara. Quelle WDR.

Das Spielchen hatten wir doch schon mal …? Es soll nach Erdöl gebohrt werden, diesmal im Meer südlich der Kanaren. Wir beschäftigen uns ja bei „Gomera Vive!“ eher mit der Seite der Umwelt und der damit zusammenhängenden Problematik, aber es wird immer deutlicher, dass das ohne die Politik oft nicht geht. Und da gibt es ein paar sehr interessante überregionale Zusammenhänge, auf die ich hinweisen möchte.

Foto Kopfzeile: Plattformen im Hafen von LAs Palmas, EFEVERDE.

Von Dakhla bis an den südlichsten Zipfel Spanisch Saharas reicht die Zone der Bodenuntersuchungen.

Marokko hält seit 1975, seit kurz nach dem Rückzug der spanischen Truppen aus den ehemaligen Kolonien, West-Sahara besetzt. Die UN stuft das Gebiet als „zu entkolonisierende“ Zone ein. In den letzten Jahren gab es einige interessante, sehr gegensetzliche Meinungen bezüglich der Abtretung der Fischereirechte auf den enorm reichhaltigen Saharabänken an europäische Fischer, Anfang 2021 gab es eine Diskussion um die Ausbeutung des Tellurs auf dem Seamount „Tropic“, in beiden Fällen drehte es sich um Ansprüche, die nur vom besetzten Gebiet aus geltend gemacht werden konnten.

Distanzen zu den Kanaren: 350 km bis El Hierro und 430 km bis Gran Canaria

Jetzt erteilt Marokko einer israelischen Firma die Lizenz, Probebohrungen im südlichen Teil der Gewässer West-Saharas durchzuführen. Dieses Gebiet liegt, nach meinen Messungen in Google Earth, gerade mal 350 km südlich von El Hierro. (Wahrscheinlich sind es 370 km und damit die 200 Meilen der exklusiven Wirtschaftszone). Das bringt Bewegung in die Politik der Kanaren.

Der Kanarische Präsident Angel Victor Torres nennt die Übereinkunft der marokkanischen Regierung mit der israelischen Firma „vorgebliches Abkommen“ und hat den spanischen Aussenminister mit den Worten zitiert, er habe seine „absolute Zusage“, dass die spanische Regierung sofort „reagieren“ würde, wenn die Kanaren auch nur minimal betroffen wären. Hier könnte man sich schon eine Weile mit feuchten Augen über die Formulierungen unterhalten, aber die sind gerade nicht Thema.

In diesem Schlauchboot sind mehr als 50 Personen am 18.10. nach Lanzarote übergesetzt… Foto: Canarias 7

Heute legt nun der Inselrat für die „Zusammenarbeit der Institutionen und internationale Solidarität“ der Regierung von Gran Canaria nach: Die Erlaubnis, in diesem Gebiet Bohrungen durchzuführen, wäre eine „Erpressung“ Spaniens, der Europäischen Union und der UN. Der Politiker geht davon aus, dass Marokko nicht über das Hoheitsrecht in diesem Bereich verfügt und ausserdem ein bei der UN anstehender Prozess über die Nutzung des Meeresraumes südlich der Kanaren entscheiden muss.

Marokko nutzt in den Worten des Politikers „das Problem mit der Migration, um Spanien und die EU dazu zu bringen, den marokkanischen Status Quo anzuerkennen, der gegen internationale Legalität verstösst.“ Er fordert die UN dazu auf, endlich ein Referendum über die Unabhängigkeit West-Saharas abzuhalten.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Marokko immer mal wieder mit einer Öffnung der Grenzen nach Europa spielt. Bei der gegenwärtigen Menge von Flüchtlingen von in diesem Jahr bisher mehr als 15000 allein an den kanarischen Küsten, ist die Sensibilität diesbezüglich hier sehr gross.

Jedenfalls versucht Marokko hier Nägel mit Köpfen zu machen. Man könnte glauben, die Zugeständnisse, die gegenüber Marokko gemacht werden, wenn die marokkanische Flüchtlingspolitik mal nicht den „europäischen Werten“ entspricht, auf der Basis von geopolitischen Überlegungen entstehen. So wie Trump in einer seiner letzten Amtshandlungen noch die Vorherrschaft der Marokkaner in West-Sahara anerkannt hat, um als Gegenleistung eine Annäherung des Königreiches an Israel zu erreichen. Das mit der Annäherung an israelische Firmen hat jedenfalls geklappt…

Wassertiefen und Strömungen bei den Kanaren. Blau=Frühling; rot=Herbst. Man beachte den grossen roten Pfeil parrallel zur afrikanischen Küste!

Nur zur Vervollständigung: Die Meeresströmungen laufen zwar meistens in die entgegengesetzte Richtung, von Nordost nach Südwest, aber in den letzten Jahrzehnten wird verstärkt die Einwanderung tropischer Arten von Meerestieren aus dem Bereich der Kapverden beobachtet, sie kommen also aus dem Süden. Mal sehen ob es dabei bleibt.

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