28.01.20 Meeresbiologisches Praktikum

Vom 12.01. bis 28.01.2020 hat sich ein 15-jähriger Schüler-Praktikant darauf eingelassen, mich in meiner „biologischen“ Arbeit zu begleiten. Da ich hier ja hauptsächlich touristisch unterwegs bin, habe ich extra ein paar biologische Aufgaben zusammengestellt.

Fabian mit Krake

1. Aufgabe: Artenliste Fauna der Gezeitenzone

Zum einen sollte Fabian die Vielfalt der lokalen Fauna kennenlernen und zum anderen war es seine Aufgabe aufzuschreiben, was sich während einer Tümpelsafari so alles in der Gezeitenzone tummelt. Die Artenliste über die Tiere zu führen, die wir uns auf einer solchen Exkursion ansehen, ist eine der Verpflichtungen, die ich im Rahmen meiner Erlaubnis vom Umweltamt erfüllen muss.

Vielleicht war das in dem kleinen zeitlichen Rahmen etwas hoch gegriffen, wenn man die Neugier eines sehr interessierten 15-Jährigen einrechnet. Es gab so viel zu erkunden, dass unser erster Rundgang bei weitem nicht ausreichte. Wenn sich ein Krake auch noch über Land bewegt, dann will das gefilmt werden. Wer kann dabei denn noch eine Artenliste erstellen?

Ein Krake kann auch über Land laufen….

Auch bei der zweiten Tour, die dann schon in Begleitung von einer Gruppe von Gästen stattfand, hatte sich Fabian auf die Suche nach den kleinen, gut getarnten Wirbellosen begeben. Er wusste allerdings schon recht genau, was er da gefunden hatte und ob er es anfassen durfte oder nicht. Auch eine schonende und respektvolle Behandlung von Seesternen, Seehasen und Co. hatte er an den Tag gelegt.

Die Bedingungen waren nicht ideal…

Bei der dritten Tour war die Ebbe nicht besonders niedrig angesagt (die Nipptiden näherten sich). Dazu stand der Wind schlecht und der Luftdruck war niedrig, so dass der Wasserstand noch 20 cm höher war als angesagt. Obendrein kamen immer wieder ganze Serien von grossen Brechern, so dass wir gar nicht richtig in das Felsriff hineinlaufen konnten. Für mich kam dann Fabians grosse Stunde: Während ich damit begonnen habe, die Tiere aus dem Bereich der oberen Gezeitenzone zu präsentieren, hat er sich auf die Suche nach frisch geteilten Seesternen, Seehasen, Schleimfischen, Einsiedlern, Grundeln und mehr gemacht. Am Ende schafften wir es gemeinsam, die Exkursion erfolgreich zu beenden und die enorme Vielfalt vorzustellen.

Wer macht sich da noch Gedanken über eine Artenliste … Mehr zu den Tieren gibt es hier.

2. Aufgabe: Gezeitenmessung

Anbringen der Messleiste (Foto: Fabian)

In den letzten Monaten hatte ich immer wieder das Gefühl, dass bei der Tümpelsafari das Wasser schon vor der veranschlagten Zeit wieder den Weg Richtung Land gesucht hätte. Um zu überprüfen, ob es vielleicht doch einen Fehler in der Berechnung der Ausbreitung der lokalen Gezeitenwelle und damit der Angaben über die Zeit der Ebbe gibt, brachten wir eine Mess-Skala im Hafen von Valle Gran Rey an. Ohne die Hilfe unseres Kapitäns Volker Trautmann und die Zustimmung der Hafenbehörde wäre das nie etwas geworden, auch die Besatzung der Tina und ihre Besitzer Jose Miguel und Angela haben sich sehr geduldig gezeigt und uns an der Leiter neben ihrem Liegeplatz wirtschaften lassen.

Auf der Leiter

Zu den jeweiligen Höchst- und Niedrigwasserständen haben wir dann Fabians Gopro vor die Leiste gehalten und alle 5 Sekunden eine Aufnahmen gemacht. Die Bilder wurden nachher gesichtet, die Werte in eine Tabelle übertragen, gemittelt und daraus eine Kurve erstellt, die es uns gestattete, die angesagten Werte mit den realen Wasserständen zu vergleichen. Eine sehr „spannende“ Arbeit …

Gezeitenmessung vom 26.01. Angesagte Flut um 14.21 Uhr.

Die Ergebnisse konnten mir allerdings eine grosse Last von den Schultern nehmen: Die aktuellen Gezeitendaten stimmen. Meine Empfehlung für die genauesten Vorhersagen: Die Seite der Hafenbehörde. Wenn man auf La Gomera heranzoomt und rechts in der Auswahlleiste „nivel del mar“ auswählt, findet man vier kleine Quadrate um die Insel herum verteilt. Das im Westen steht für La Puntilla, in unserem schönen Örtchen. Klicke man es an, erscheint ein Fenster, in dem man nur noch „Gráficos“ und „Todos“ markieren muss, dann erscheint die beste Wasserstands-Ansage der Kanaren, sogar mit „Residuo“, den Einflüssen von Strömungen und Wetter.

Wer Genaueres über die Gezeiten lernen möchte, kann natürlich auch hier nachschauen.

3. Aufgabe: Katalog der Flossen von Tümmlern und Pilotwalen

Id eines Grossen Tümmlers mit 4 Marken am hinteren Rand im mittleren und 2 im oberen Bereich der Finne und vielen Kratzspuren: MBP/4m2s (Marcas borde posterior/4mittig2superior)

Auch hier hatte ich eine Aufgabe ausgesucht, die mir schon seit langem unter den Nägeln brennt. Sowohl die grossen Tümmler als auch die Pilotwale zeigen oft sehr deutliche Marken und Spuren an ihren Rückenflossen, so dass man sie eindeutig identifizieren kann. In unserem Praktikum ging es für Fabian darum, dass er lernt, wie der gesamte Ablauf funktioniert. Für mich sprang dabei heraus, dass ich endlich beginne, einen Katalog, eine Sammlung aller identifizierbaren Flossen, zu erstellen.

Mein ganz besonderer Dank gehört hierbei der Firma Oceano La Gomera, auf deren Booten Fabian bei drei Gelegenheiten mitfahren durfte. Auch auf der Tina konnte Fabian sich mit der Kamera Pilotwalen und Tümmlern nähern, auch dafür nochmal herzlichen Dank.

Natürlich musste er erst einmal lernen, die Fotos zu machen. Das ist viel leichter gesagt als getan: Wir waren ja nicht im Zoo.

Lernerfolg? Urteilt selbst… (Foto: Fabian)

Bei Fabians 4 Ausfahrten sind entsprechend 2-mal „nur“ Fleckendelfine gesichtet worden – zum Üben geht das natürlich auch.

Dann muss man aber noch die Standfestigkeit auf dem Boot und den sicheren Fokus trainieren und natürlich mit der Kamera umgehen können. In der Regel dauert es eine Weile, bis die ersten scharfen Flossen-Fotos dabei sind. Man kann nur staunen, dass es gleich beim ersten Mal klappte und im Rahmen dieser kurzen Zeit brauchbare Ergebnisse herausgekommen sind.

Unechte Karettschildkröte (Foto Fabian)

Dann kommt der „trockene“ Teil: Im weiteren Ablauf werden die Fotos gesichtet und nach Güteklasse geordnet. Nur gut erkennbare, scharfe Fotos und markante Tiere werden eingebaut. Dann werden die Fotos so gut wie möglich ausgeschnitten und bearbeitet und in Kategorien (wo liegen wie viele Scharten oder erkennbare Marken?) eingeordnet, so dass man nicht bei der Suche nach einem Exemplar jedes Mal den ganzen Katalog durchforsten muss. Das Endergebnis wird allerdings wohl noch etwas auf sich warten lassen. Wir haben „schon mal“ 2 Tiere einsortiert.

Fleckendelfine (Foto: Fabian)

Nebenbei: Fabian hatte seine Gopro 7 mitgebracht, ein deutlich neueres Modell als meines. Die konnte er dann auch mal ausprobieren. Wenn Ihr Euch die Schildkröten- und Fleckendelfin-Fotos mal anschaut, könnt Ihr bestätigen, dass er das ebenso gut hinbekommen hatte wie ich. Oder besser.

4. Aufgabe: Fischerei-Statistik

Bernsteinmakrele (Seriola rivoliana)

So oft werde ich von den Gästen gefragt, welche Fische man hier essen kann, welche von hier sind, wie sie gefangen werden, ob man irgendetwas empfehlen kann. Schon vor ein paar Jahren hab ich mir in der Cofradía mal die Fischerei-Statistik von den hiesigen Fischern aus Valle Gran Rey geben lassen und begonnen, für mich herauszustellen, welche Fische wann gefangen werden und in welchen Mengen.

Fänge der Bernsteinmakrelen (Seriola dumerilii)

Das kann man natürlich auch allgemein zugänglich machen, aber es kostet halt Zeit. So durfte Fabian dafür herhalten, die freundlicherweise von Fatima aus der Cofradía erneut zur Verfügung gestellten Daten aus den Jahren 2018 und 2019 mit mir in eine vernünftige Form zu bringen. Das Rohmaterial besteht aus endlosen Zeilen und Säulen, die erst entsprechend geordnet werden müssen, um sie dann in Form einer Grafik verständlich darstellen zu können. Kleben wir jetzt noch ein Foto vom Fisch dazu, können Sie sich vielleicht in Zukunft ein Bild davon machen und wissen, ob der Fisch auf ihrem Teller möglicherweise nicht in dieser Jahreszeit gefangen wird und entsprechend vielleicht schon länger im Tiefkühlfach liegt.

Stück für Stück werden die Ergebnisse jetzt auf unserer Seite über Fischerei erscheinen, zumindest die häufig gefangenen Arten.

5. Aufgabe: Mikroplastik

Mittlerweile liest man es ja überall, auch auf unserer Seite haben wir ein ganzes Kapitel über Müll im Meer. Allerdings ist es so schwierig, die tatsächliche Menge zu bemessen und dem, was ist, ein Gesicht zu geben.

Fabian bei der Plastikprobe

So bekam Fabian die ehrenvolle Aufgabe, mit mir an der Methodik zu feilen, die ich demnächst bei den Küstenspaziergängen anwenden werde, um jeweils eine Mikroplastik-Probe zu nehmen und so eine mehr oder weniger kontinuierliche Datenerhebung auf La Gomera zu starten.

Grob gesehen haben wir uns an der Methode der Wissenschaftler orientiert, die auf Lanzarote Untersuchungen mit Plastik-Müll gemacht haben.

In dieser Probe von unserem Hafenstrand waren etwa 3 Gramm Plastik.

Dabei wird der oberste Zentimeter Sand von einem Quadratmeter durch ein 5 mm-Sieb gedrückt und so von groben Bestandteilen befreit. Dann wird der Rest in Wasser gut durchgemischt und alles, was schwimmt, mit einem Sieb mit 1 mm-Maschenweite abgefiltert. So trennen wir alle Bestandteile, die leichter sind als Wasser (1 – 5 mm), vom Sand. Davon muss noch der pflanzliche Anteil in Ethanol abgetrennt werden, das Plastik wird in der Sonne getrocknet und fertig ist die Messung.

Bisher haben wir als Ergebnis eine recht deutliche Abhängigkeit von der Windrichtung bei der angespülten Plastik-Menge beobachten können.

Fazit:

Fabian mit Tümmlern

Ich kann mir kaum vorstellen, was ich an Fabians Stelle hier mit 15 so gezaubert hätte. In jedem Fall hat er verdient, dass wir eine ganze Menge tolle Begegnungen hatten. Für mich der schönste Moment war die Begegnung im Bild. Kapitän Volker hatte uns angerufen und die Tümmler angekündigt, eine Gruppe von 20 Tieren in der Nähe vom Roque de Iguala. Wir kamen schnell genug hin, um sie dabei zu beobachten, wie sie mehrere Male mit der ganzen Gruppe zum Fressen abgetaucht sind, direkt neben uns …